Die Kinder der kleinen Freiheit - Jahrgang 1944 - 1946
Die Kinder der kleinen Freiheit - Jahrgang 1944 - 1946
Die Kinder der Pestalozzi-Schule-Hamburg Jahrgang 1944 - 1946
 Die Kinder der Pestalozzi-Schule-HamburgJahrgang 1944 - 1946  
Gesendet: Montag, 07. Oktober 2013 um 18:47 Uhr
Von: "Martin Klumbies" <martin.klumbies@neue Emailadresse auf Anfrage
An: umammel@web.de
Betreff: Bilder Gr. Brgstrasse in A ltona
Liebre Herr Mammel!
Per Zufall habe ich die Bilder im Internet entdeckt, die Sie auf der Seite der Pestalozzi-Schule verbreiten. Ich habe grösstes Interesse besonders an Bildern vor und unmittelbar nach der Bombardierung des Teiles der Bergstrasse, der in der Nähe des Nobistor lag.
Zur Erläuterung meines Interesses:
Ich bin am 7.9.39 in der Bergstr. Nr. 22 geboren und wohnte dort mit meinen Eltern bis zur Ausbombung am 25.7.43.
Die Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1943 verbrachten meine Mutter und ich im Keller unter einem Möbelgeschäft gegenüber der Nr. 22. Im Keller sassen wir achtzehn Stunden lang während der Bombardierung, in denen das Möbelgeschäft ausbrannte und das Haus über uns einstürzte. Die Ausgänge waren von Trümmern blockiert. Soldaten auf Urlaub befreiten schliesslich den hinteren Notausgang. Es war nicht ganz einfach, zunächst in den Bunker an der Schomburgstr. zu flüchten. Nach einer kurzen Erholung gelangten wir in den Keller er Pestalozzi-Schule. Obwohl ich damals noch keine vier Jahre alt war, erinnere ich mich daran, dass die Strohsäcke, auf denen wir dort im  Keller der Schule lagerten, nass waren. Erinnerungen an die Stunden davor habe ich wohl "ausgeknipst".
Jetzt bin ich angefangen, für meine 23jährige Tochter aufzuschreiben, was in meinem Leben Bedeutung hatte. Altona gehört dazu.
Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn sie meinem Wunsch entsprechen könnten. Preise für die Bilder und sonstige Kosten kann ich leicht über mein deutsches Konto bei der Bank IngDiba regeln.
Mit bestem Dank im Voraus
Ihr
Martin Klumbies
 

Neuer Brief von Martin  ( 18.11.2015 )

<<Hallo Alfons,
das ist wirklich eine sehr freudige Überraschung. Natürlich bin ich einverstanden und tatsächlich bin ich auch stolz, auf Eurer prima Seite vertreten sein zu dürfen. Inzwischen habe ich schwedische Freunde auf Eure Seite hingewiesen, damit sie sich ein Bild von Altona und vom Krieg machen können.
Zwar zeigt sich gerade mal wieder, wie wichtig Liebe in der Menschheit wäre , aber Tierliebe ist mindestens so bedeutsam. Früher hing ich sehr an Möhrchen, über die die ich ja im Buch schreibe, jetzt ist es Malte, ein sogenannter Baumwollshund, (Coton de Tulear), ein sehr treuer wasserscheuer Hütehund. Er ist ungefähr so alt wie ich( 76), aber wesentlich besser zu Fuß /Pfote. Doch viel Schlaf braucht er auch.
Beste Grüße an Dich und Uwe
Martin

Fröhliche Kinder auf den Trümmern der Vergangenheit -

Ein Brief von Martin Klumbies ( 27.04.2016 )

Die Viertklässler der Schule Iserbrook gehen nun wohl mit einem ganz neuen Gefühl über ihren Schulhof,
nachdem sie von mir hörten, was ich in ihrem Alter erlebt hatte – in den vierziger Jahren des letzten
Jahrhunderts. Für sie liegt die Zeit fast eine Ewigkeit zurück. Mir ist aber Vieles noch frisch in der
Erinnerung.
Aufmerksam, sogar gespannt, folgten nacheinander drei Klassen mit jeweils neunzehn jungen Zuhörern
meinen Ausführungen. Folien auf einem Overheadprojektor zeigten, was im Krieg und danach mein Leben
und das vieler Mitmenschen bestimmt hatte. Anhand eines Eies und eines Apfels wurde verdeutlicht, wie
wenig es gelegentlich bedarf, um etwas Licht in ein düsteres Dasein zu bringen.
Besonders erfreute mich, dass an einer Vorlesung auch Frau Elisabeth Iversen teilnahm. Die ehemalige
Lehrerin an der Pestalozzi- Schule in Altona hatte dort viele Jahre nach dem Krieg unterrichtet. Nach
meinem Eindruck wird sie von ihren ehemaligen Schülern, inzwischen alle schon pensioniert, geradezu
verehrt. Zum neunzigsten Geburtstag der Pädagogin machten ihre Ehemaligen der sehr munteren Dame
ihre Aufwartung. Frau Iversen hatte mein Buch „Reiseziel Heimkehr“ erhalten, was sie veranlasste, Kontakt
mit mir aufzunehmen. Ich bin sehr froh über unseren interessanten Briefwechsel, der sich ergab. Als
besonders anregend und informativ erwiesen sich unsere Gespräche, die wir, auch meine Frau nahm
daran teil, nach den Vorträgen in einem gemütlichen Café in Blankenese führten. Amüsiert stellten wir fest,
dass Frau Iversen ja beinahe auch meine Lehrerin hätte werden können, weil nach unserer Ausbombung in
der Großen Bergstraße meine Familie und ich eine Zeitlang gegenüber der Pestalozzi-Schule sehr
behelfsmäßig untergekommen waren. Gerne würde ich mich heute als ehemaliger Schüler von Frau
Iversen bezeichnen dürfen. Aber es kam anders.
Schon 1944 erhielt unsere Familie, die allmählich auf fünf Personen anwuchs, ein sogenanntes
Schwedenhaus von zwanzig Quadratmetern. Unser Leben, jahrelang ohne Wasseranschluss und
Elektrizität, gestaltete sich zeitweise recht schwierig, ebenso wie Mangel an sonst allem. An die dreißig
Holzhäuser wurden auf dem Iserbrooker Sportplatz aufgestellt und von ausgebombten Seemannsfamilien
bezogen. Die örtliche Jugend ließ uns gelegentlich hören, wie sie über den Verlust ihres Spielfeldes dachte.
Neben dem Sportplatz, auf dem wir nun wohnten, befand sich eine tiefe Kiesgrube. Eines Tages, kurz
nach der Währungsreform, fuhren klapprige Lastwagen riesige Mengen Trümmerschutt heran und füllten
die Grube auf. Vielleicht war auch etwas aus Altona dabei. Den Rest besorgten gewaltige Walzen. Dann
begannen Bauarbeiten. Im September 1949 wurde die Schule Iserbrook eingeweiht. Ich war dabei als einer
der ersten Schüler in der ersten Schule, die in der Nachkriegszeit in Westdeutschland errichtet wurde.
Die heutigen Schüler toben fröhlich auf dem Schulhof herum - auf den Trümmern der Vergangenheit. Ich
hoffe, dass ich ihnen ein Empfinden für das Glück vermitteln konnte, in Frieden aufwachsen zu können.
Am nächsten Tag hielt ich in der Schwedischen Seemannskirche, Ditmar-Koel-Straße, vor „Schweden-
Hamburgern“ einen Vortrag über Altona in der Kriegszeit. Das Interesse war groß; mehrere hatten bereits
meine Erinnerungen gelesen. Tatsächlich gibt es in der Kirche ein sehr informatives Buch über die
Kriegserlebnisse einer schwedischen Lehrerin, Ragna Norström, in Hamburg.
im April 2016   Martin Klumbies

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